Anna und Kjell erzählen von Devs, ihren Erfahrungen mit Sexualität in der Pubertät und geben einen Ausblick auf die Themen des Podcasts.
Transkript
Kjell: Willkommen zu Rollirotik, dem Podcast zu Sexualität und Behinderung. Schön, dass ihr dabei seid. In unserer ersten Folge möchten wir darüber sprechen, wie wir überhaupt auf dieses Thema gekommen sind.
Anna: Ich bin Anna, ich bin Anfang 30 und ich beschäftige mich schon seit über 10 Jahren mit Sexualität und Behinderung. Anfangs war das aus der Neugier, die eigene Sexualität und Vorliebe zu verstehen und mit der Zeit wurde das Thema in meinem Leben immer präsenter. Ich bin der Überzeugung, dass sich Devs und Menschen mit Behinderungen viel zu geben haben.
Aber zuerst mal die Frage was ist denn eine Dev? Im Deutschen nennt man das auch Devotine oder Ameline. Ich benutze eigentlich immer die Bezeichnung Dev. Das ist eine Abkürzung vom englischen Begriff Devotee und bezeichnet Menschen, die eine sexuelle Vorliebe für Menschen mit Behinderung haben. Dabei gibt es immer wieder Diskussionen über den Ursprung des Begriffs. Gerade der Begriff Amelo wird häufig nur für Menschen benutzt, die eine Vorliebe für Menschen mit Amputationen haben. Das stammt vom Wortursprung her, allerdings ist es inzwischen eigentlich nicht mehr so eng zu sehen und im Internet werden als Amelos einfach alle Personen bezeichnet, die diese Vorliebe haben. Genau das wird ein großes Thema im Podcast werden. Allerdings mache ich den Podcast hier auch nicht alleine, sondern zusammen mit Kjell.
Kjell: Genau und das bin ich. Ich bin Kjell. Ich bin Mitte 30. Ich bin tatsächlich körperbehindert und habe in meinem Leben schon irgendwie ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht, unter anderem auch mit Devs oder Devotinen und freue mich daher darüber, dass wir diesen Podcast hier gemeinsam machen können, Anna.
Und vielleicht noch so ein paar Sätze über mich: Genau, Körperbehinderung hatte ich gesagt, ich benutze einen Elektrorollstuhl. Vielleicht um das ein bisschen einzuordnen, das man sich das auch vorstellen kann: Ich habe eine Muskelerkrankung. Das bedeutet, ich habe einfach in meinen Armen, in meinen Beinen, in allen Muskeln meines Körpers bei Weitem nicht so viel Kraft, wie das so der normaltypische Mensch hätte und das bedeutet für mich im Alltag natürlich eine ganze Menge Einschränkungen.
Aber was ich besonders spannend finde und was für mich auch hier im Podcast immer wieder ein Thema sein wird, ist das gerade über die Sichtweise von Devs oder Amelos auf Behinderung noch mal eine ganz andere Perspektive für mich entsteht. Und das finde ich spannend, weil das natürlich auch über mein Leben sich immer so ein bisschen verändert hat. Wie ist meine eigene Sicht auf Behinderung, wie ist meine eigene Sicht auf Sexualität? Und von so einer Sicht auf Sexualität, Behinderung, das geht irgendwie nicht zusammen hin zu einem “Das eröffnet ja auch ganz andere Chancen und andere Möglichkeiten, wenn man mit Menschen wie Anna zu tun hat, die da auf einmal einen ganz neuen Blick reinbringen”. Das finde ich spannend und deshalb ja wollen wir darüber einfach ein bisschen sprechen, Anna.
Aber du hast ja jetzt gesagt, dass du dich als Dev siehst. Wann und wie hast du das überhaupt über dich herausgefunden?
Anna: Ja, das war ein ganz schön langer Weg. Das ist jetzt nicht so, dass ich eines Morgens aufgewacht bin und gedacht habe: “Oh, ach ja, ich hab ja eine Vorliebe für Menschen mit Behinderung”. So war das gar nicht, das hat sich so über die Jahre eigentlich gezeigt, ging aber auch schon in der Pubertät los oder eigentlich sogar schon in der Kindheit, dass ich immer gemerkt habe, dass es da so eine gewisse Faszination gab, wenn ich denn mal – und das ist gar nicht so häufig vorgekommen – jemanden mit einer Behinderung gesehen habe. Da habe ich natürlich als Kind jetzt noch nicht so richtig drüber nachgedacht, hab aber schon so ein bisschen im Hinterkopf diesen Gedanken gehabt, dass das etwas ist, was ich jetzt lieber nicht kommuniziere oder worüber ich lieber nicht rede. Vielleicht auch, weil mein Umfeld einfach so ein bisschen mir das Gefühl gegeben hat, dass das ein verbotenes Thema ist oder zumindest ein Thema, was man jetzt lieber nicht anspricht. In der Pubertät ging das dann halt los mit sexuellen Fantasien. Und da muss ich schon sagen, dass auch schon meine ersten sexuellen Fantasien Menschen mit Behinderungen beinhaltet haben, und das hat sich eigentlich nicht geändert. Also es gab sehr selten oder fast nie in diesen Fantasien Menschen ohne Behinderung. Das war aber trotzdem was – und ich denke, das können die meisten sicher nachvollziehen – dass man, wenn man das erste Mal solche Gedanken hat, die noch nicht so sehr wertet oder noch nicht so genau weiß, was das jetzt eigentlich bedeutet. Und das hat dann echt noch einige Jahre gedauert und einige gescheiterte Beziehungen mit nicht-behinderten Männern gedauert, bis ich angefangen hab mir wirklich tiefer darüber Gedanken zu machen, was da mit mir in Anführungszeichen nicht stimmt. Warum das, ja, was einfach bei mir anders ist beziehungsweise wie meine Sexualität eigentlich funktioniert. Und dann habe ich, da war ich schon Anfang 20, da hab ich dann angefangen, drüber nachzudenken und dann habe ich natürlich auch irgendwie die Vorzüge des Internets kennengelernt und man kann ja alles mal googeln. Und in den langen Nächten hat man dann auch mal solche Sachen gegoogelt. Und das war dann doch ein Augenöffner, dass ich nicht die einzige bin, die so eine Vorliebe hat. Das war also zum einen total schön, weil ich natürlich wusste, ok, das ist vielleicht was seltenes oder vielleicht unnormales, wer weiß, aber ich bin auf jeden Fall nicht alleine und es gibt Menschen, mit denen ich mich darüber austauschen kann. Und vor allem gibt es dann nicht nur andere Devs, sondern es gibt auch Menschen mit Behinderung, die dem Thema offen gegenüberstehen. Das war eigentlich dann so der letzte Schritt, den ich gebraucht habe, um das Thema für mich selbst auch anzufangen zu akzeptieren.
Aber Kjell, vielleicht erzählst du auch nochmal ein bisschen wie das bei dir in der Pubertät war. Ich kann mir vorstellen mit der erwachenden Sexualität und der Behinderung gab es da auch den einen oder anderen Stolperstein im Kopf.
Kjell: Ja, im Kopf sicherlich, und auch so im Alltag und klar, wenn um einen herum alle Menschen auf einmal anfangen, ihre Interessen für das andere oder einige für das gleiche Geschlecht zu entdecken, dann ist man da ja auch nicht außen vor, Behinderung hin oder her. Und gleichzeitig so dieses Tabuthema von Sexualität hab ich für mich selbst eigentlich gar nicht so realisiert, weil ich immer mit der festen Überzeugung aufgewachsen bin: Naja, wenn ich irgendwas möchte, dann wird mich meine Behinderung schon irgendwie nicht daran hindern. Klar, es gibt bestimmte Dinge, die gehen halt nicht, wenn man im Elektrorollstuhl sitzt, dann kommt man halt keine Treppe rauf oder runter, zumindest nicht unbeschadet. Und diese Einstellung habe ich natürlich auch darauf übertragen, von daher hab ich irgendwie auch ganz selbstverständlich immer in meiner Pubertät versucht auch Mädchen, Frauen näher zu kommen und dabei aber immer wieder festgestellt, dass es gar nicht so einfach ist. Aus Gründen, die mir vielleicht auch damals nicht so ganz klar waren. Aber natürlich habe ich dann auch ab und zu mal so aus meinem Umfeld gehört, so ein etwas Mitleidiges: “Naja, für dich ist das ja schwierig, Kjell, und mit dem Rollstuhl und so und dann irgendwie eine Partnerin zu finden, ne Freundin zu finden.” Das ist dann so ein bisschen zu einer Self-fulfilling Prophecy geworden, dass ich am Ende, obwohl ich diese tiefe Überzeugung hatte: Naja, Behinderung hin oder her, ich kann die Dinge alle so machen, wie alle anderen Leute auch im Rahmen des physisch Möglichen. Sexualität war so ein bisschen außen vor, das war immer so was, naja, das ist schwierig. Da haben bestimmt auch Erfahrungen eine Rolle gespielt, so in der Schulzeit, dann mal an jemandem Interesse geäußert zu haben, der dann gesagt hat: “Nee, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, jetzt mit jemandem im Rollstuhl”.
Und das ist glaube ich eine Erfahrung, die zumindest in den Erfahrungsberichten, die ich so höre, sehr viele Menschen mit Behinderung machen, dass sie irgendwann mal so diese Rückmeldung bekommen: “Hey, du bist total spannend und ein super Mensch, aber sexuell mit dir, nee danke, kein Interesse.” Und das war, glaube ich, etwas, was so als defizit-orientierte Sicht meine Kindheit, Pubertät sehr geprägt hat
Anna: Das hört man ja auch immer wieder, dass Menschen mit Behinderung sich oft so in die Freundes-Ecke gedrängt fühlen und nicht als sexuelle Wesen wahrgenommen werden, wie man sonst vielleicht jeden anderen Menschen wahrnimmt oder zumindest viele andere Menschen wahrnimmt, die man so trifft.
Wann hat sich das denn geändert
Kjell: Also erstmal vielleicht zu dieser Perspektive. Ich versuche das immer so ein bisschen abzulegen, diese Sichtweise. Weil ich finde, das ist eine sehr bequeme Sichtweise. Wenn sich mit Männern unterhält, dann kommt regelmäßig mal dieses Thema Friendzone auf und ich werde irgendwie nicht als sexuelles Wesen wahrgenommen. Ich glaube, das es ein sehr bequemer Ausweg ist, dann zu sagen: “Ich ziehe mich darauf zurück und das Problem sind die anderen.” und sich nicht zu überlegen, wo Dinge schiefgelaufen sind, ob man vielleicht sich ein vermeintliches Interesse einer anderen Person an einem selbst eingebildet hat oder ob man sich vielleicht einfach als Freund verhalten hat und nicht als potenzieller Sexualpartner. Und ich glaube, dass viele Männer gut daran täten, sich nicht darauf zurückzuziehen und erst recht nicht auf Grundlage von einer Behinderung. Spannend finde ich sicherlich dann noch mal zu hören, wie das Frauen mit Behinderungen geht. Aber genau das, das wäre so ein Punkt, an dem ich sagen würde das ist mir zu einfach, das ist mir zu bequem.
Zu deiner Frage aber nochmal zurück, Anna, du hast ja gefragt, wie oder wann sich das geändert hat. Tatsächlich hat sich das geändert, als ich auch irgendwann mal gelernt hatte, das Internet etwas besser zu bedienen und darüber dann natürlich auch früher oder später mal über so ne Seite gestolpert bin, wo sich Menschen ausgetauscht haben, die ja so damals in meiner naiven Vorstellung irgendwie einfach darauf standen, dass Leute eine Behinderung haben. Und das konnte ich ja noch gar nicht einordnen zu dem Zeitpunkt. Da hatte ich da irgendwo einen Chatraum gefunden und dann habe ich angefangen, da einfach mal mit den Leuten zu reden und zu versuchen zu verstehen, was treibt die denn um.
Es ist aber auch für mich eine gewisse Reise gewesen von diesem Punkt des “Ich weiß davon, dass es das gibt” bis zu einem Punkt der Akzeptanz. Und auf dem Weg dahin hab ich tatsächlich viele verschiedene Gespräche führen müssen mit einigen Devs, die mir auch immer wieder ihren persönlichen Standpunkt gesagt haben, wie sie das denn sehen. Was für sie Devssein bedeutet, was für sie diese Attraktion bedeutet, diese Anziehung. Um das für mich selber auch so gut einzuordnen, dass ich irgendwann gesagt habe: “Ok, ich verstehe, wo das ungefähr herkommt, und ich kann das auch irgendwie in meiner Begriffswelt einordnen. Und kann das auch für mich annehmen”. Diese Perspektive, die erste Reaktion darauf war natürlich “Das kann ja gar nicht sein”. Ja, wenn ich mein Leben lang nur höre “Das ist ein Defizit und es kann nur ein Defizit sein”, dann hab ich erstmal Schwierigkeiten damit es überhaupt anzunehmen, dass es Leute gibt, die das nicht als Defizit sehen. Aber wenn wir jetzt darüber sprechen, Anna, vielleicht an dich nochmal gefragt: Wie siehst du denn Behinderung, du persönlich?
Anna: Also ich sehe es eher nicht als Defizit. Ich denke, das haben wir jetzt schon gesehen, dass es da auch andere Sichtweisen drauf gibt. Also für mich ist es zumindest in vielen Fällen einfach so, dass eine Behinderung den Menschen für mich attraktiver und vor allem auch spannender macht. Also es geht gar nicht nur um die sexuelle Attraktivität, auch wenn das durchaus ein Punkt ist und ich das einfach vom ästhetischen Standpunkt viel ansprechender finde, wenn ich jemanden mit Behinderung sehe im Vergleich zu jemanden, der jetzt keine Behinderung hat. Aber es ist auch einfach eine Art des Lebens beziehungsweise ein Leben, auf das ich neugierig bin, dass ich gerne näher kennenlernen möchte. Und ich denke – da wirst du mir jetzt auch zustimmen – dass es ja durchaus einige Punkte gibt, je nachdem um welche Behinderung es jetzt auch geht, die das Leben dann doch anders machen als man es sonst aus seiner bequemen nicht-behinderten Perspektive so gewöhnt ist.
Kjell: Ja, mit Sicherheit.
Anna: Und das finde ich total spannend und das, da geht es gar nicht immer um sexuelle Aspekte, sondern dieses Devsein reicht dann noch viel tiefer und vor allem auch in viele Alltagsdinge hinein.
Das kann ich vielleicht auch sagen, also insgesamt ist es ja hier nicht so, dass wir für alle Devs und alle Behinderten sprechen, weil es einfach da sehr, sehr große Unterschiede gibt und Kjell hat auch gerade schon gesagt, dass jede Dev da ihre eigene oder seine eigene Geschichte hat dazu und das ist auch bei mir so. Also wenn ich jetzt sage was ich daran attraktiv finde, dann muss das überhaupt nicht für alle anderen gelten. Aber zumindest ist es was, was ich über die letzten Jahre und Jahrzehnte für mich rausgefunden habe, was mich da treibt.
Kjell: Ja, das finde ich auch, ist ein spannender Punkt. Du hattest ja gerade schon gesagt, ich hab mit einigen Leuten darüber gesprochen und die Sichtweisen sind halt auch wirklich immer sehr unterschiedlich. So von “Das ist für mich irgendwie ein sexueller Fetisch” über “Das geht irgendwie sehr tief, romantische Gefühle, sexuelle Vorlieben”. Da ist wirklich alles dabei.
Anna: Ja genau, und das ist auch in der Diskussion unter Devs kein Konsens, also ob das jetzt ein Fetisch ist oder eine Vorliebe oder noch was ganz anderes. Das ist auch von Person zu Person unterschiedlich. Beim Fetisch habe ich aber so ein bisschen das Problem, dass es ja zum einen meistens Fetisch so definiert wird, dass es auf nicht-belebte Objekte sich bezieht. Deswegen würde ich das so für mich nicht sagen. Außerdem ist es beim Fetisch oft so, wenn man einen Fetisch hat, dann kann man auch erfüllenden Sex oder erfüllende sexuelle Erfahrungen haben, bei denen der Fetisch keine Rolle spielt. Und das würde ich für mich jetzt so nicht behaupten. Und bei einer Vorliebe, da ist es oft so “ach ja”, wenn ich das Leuten erzähle, “Ach ja klar, das ist ja so, wie wenn man auf Blondinen steht”, um das jetzt mal ganz platt zu sagen und das ist natürlich was, womit sich Leute das gut erklären können. Die können sagen “Ok, das ist einfach das, worauf du stehst, kenne ich, ich mag das ja auch, wenn Menschen dieses oder jenes Merkmal haben”. Und das kann man so sehen und das hilft vielleicht auch ein bisschen, das Verständnis ja zu vergrößern oder zumindest ein bisschen die Berührungsängste zu nehmen. Allerdings muss ich zumindest für mich sagen, dass das viel, viel tiefer greift als: Ich mag jetzt eine bestimmte Haarfarbe oder einen bestimmten Körpertyp.
Kjell: Was ich ganz interessant fand und in meinen persönlichen Erfahrungen war, dass es durchaus auch Devs gibt, die das sehr stark mit einem Fetisch verbinden. Also zum Beispiel so dieses klassisches BDSM-Machtgefälle zwischen zwei Sexualpartnern zumindest und das damit auch irgendwie verbinden. Also zum Beispiel dann sagen “Ok, ich genieße das, dass ich mehr Kraft habe oder mehr in der Kontrolle bin als jetzt mein Partner”. Gleichzeitig hab ich auch von Devs gehört, dass sie sich gerade gegen diese Sicht sehr stark verwahren, weil sie finden, dass sie dadurch falsch repräsentiert werden. Wie siehst du denn das, Anna?
Anna: Ja die falsche Repräsentation gibt es schon, weil einfach einer der häufigen Vorwürfe und ich, das muss man jetzt hier nicht verschweigen, dass es natürlich ein sehr polarisierendes Thema ist und in vielen Kreisen Devs auch einfach gar nicht gerne gesehen sind, und das liegt unter anderem daran, dass uns häufig eine gewisse Lust nach Macht unterstellt wird. Und das mag sein, dass es da Devs gibt, die dann im sexuellen Spiel das genießen. Ich muss aber sagen, dass das für mich überhaupt kein Reiz ist, jetzt dem Partner gegenüber zu sagen “Okay, ich bin dir physisch überlegen”. Klar, das mag in vielen Fällen so sein. Aber das ist nich das, was mich daran reizt.
Kjell: Und ich denke, das ist auch nochmal für mich was ganz Wichtiges gewesen, das auch irgendwie zu verstehen in dieser Einordnung. Dass es eben nicht nur in eine dieser Kategorien fällt. Dass es da vielleicht auch hineinfällt, aber das ist irgendwie auch ein sehr breites Spektrum ist. Und genau wie mit vielen anderen Dingen, die ich vielleicht auch aus der persönlichen Perspektive nachvollziehen kann, wo ich auch sage, ich hab halt einfach bestimmte Dinge wie, was sind für mich sexuelle Vorlieben, was sind für mich Dinge, die mich reizen an anderen Leuten. Gleichzeitig habe ich auch eine sexuelle Orientierung. Und all diese Dinge, die habe ich ja auch in mir.
Wir waren vorhin so ein bisschen bei dem Thema Normalität. Was ist denn eigentlich normal? Ich habe immer den Eindruck, dass Sexualität einfach ein sehr breites Spektrum abdeckt und das gilt sicherlich auch für Devs.
Anna: Genau. Und wir haben jetzt auch noch gar nicht gesagt, als was ich diese Devness oder das Devsein eigentlich empfinde, weil ich nämlich, wie gesagt, eine Vorliebe zu schwach finde und den Fetisch einfach nicht so passend. Ich würde es für mich so beantworten, dass es eine sexuelle Orientierung ist, weil es teilweise auch die Geschlechtergrenzen überschreitet bei mir. Genau, was einfach so tiefgreifend ist und auch nichts ist, was ich jetzt ändern würde. Da gibt es ja sowieso viele Diskussionen darüber, wann wird die Sexualität festgelegt im Leben. Ist das etwas Angeborenes? Ist das etwas in der Kindheit Erworbenes? Also dazu kann und will ich ja auch nichts sagen. Aber ich würde es für mich auf jeden Fall als sexuelle Orientierung darstellen.
Kjell: Also irgendwo im Regenbogenspektrum verortest du dich?
Anna: Naja, wenn man das jetzt so sehen will, genau. Das ist natürlich etwas, worüber im Regenbogenspektrum, wenn wir das jetzt so bezeichnen wollen, nicht gesprochen wird. Also ich glaube, da sind Devs weitgehend unbekannt. Deswegen ist es vielleicht schwierig, jetzt zu sagen, dass man sich mit dieser Bewegung identifiziert. Andererseits sehe ich da viele Parallelen. Also, diese ganzen Erfahrungen, die man häufig von Menschen, die homosexuell sind, hört, was diese ganzen Coming-Outs sind und die Probleme, die man dann in sozialen Gefügen hat. Das sind alles Dinge, die ich sehr gut nachvollziehen kann. Und gerade beim Coming-Out habe ich da auch sehr von den Erfahrungen Homosexueller profitiert, die einfach damit schon gefühlt Jahrzehnte weiter sind und sehr viele gute Tipps da auch zur Verfügung stellen, wie man mit solchen Situationen, die dann vielleicht entstehen, umgehen kann. Und ich denke, das Thema Coming-Out werden wir auch in einer der nächsten Folgen nochmal besprechen.
Kjell: Ja, bestimmt, das sollten wir auf jeden Fall tun. Und ich finde, das ist aber eine gute Einordnung für mich immer gewesen auf das Thema Devs oder Devness zu schauen und zu sagen: Okay, wenn das für manche Leute so etwas ist wie eine sexuelle Orientierung, dann sollten wir damit auch in einer ähnlichen Art und Weise umgehen. Wir müssen das ja nicht alles toll finden und für uns persönlich irgendwie annehmen und uns wünschen, dass wir das in unserem Leben haben. Aber gleichzeitig ist es vielleicht auch ganz wichtig, dass wir es akzeptieren, dass es Leute gibt, die das als ihre sexuelle Orientierung verstehen. Und ich denke, auch das wird nochmal ein Thema sein für eine der weiteren Folgen, dass wir uns mal ein bisschen mit der Perspektive von außen beschäftigen und vielleicht auch mit der Perspektive von Behinderten. Ich spreche hier ja auch nur für mich selbst und nicht für alle. Und ich fände es durchaus legitim, wenn andere Leute das anders sehen.
Anna: Und wenn ihr Fragen habt oder euch ein Thema näher interessiert, dann schreibt uns gerne einen Kommentar unter die Folge. Wir sprechen auch in den nächsten Folgen gerne nochmal die Sachen an, wenn ihr Fragen habt oder das vielleicht ganz anders seht, dann sind wir gerne bereit, darauf einzugehen.
Ansonsten freuen wir uns, wenn ihr beim nächsten Mal wieder reinhört und bis dahin! Tschüß!
Kjell: Tschüß!
Hi,
Ich habe euren Podcast heute entdeckt, da ich mich aktuell selbst mit dem Thema „Dev-sein“ auseinander setze. Ich fühle mich da sehr ähnlich wie du Anna (mit dem Unterschied dass ich es aus der männlichen Perspektive erlebe), bin damit aber praktisch bis jetzt nicht wirklich umgegangen, was mir leider in Sachen Partnerschaft daher bis jetzt kein Glück gebracht hat weil es immer noch etwas in mir gab was.
Vielen Dank für eure Einblicke, ich bin echt gespannt auf die weiteren Folgen! Die Thematisierung empfinde ich als sehr hilfreich bei dem Schritt, meine sexuelle Orientierung anzuerkennen.